Geschichte und Bedeutung von "Maria Schnee"
Die Kirche ,,Maria Schnee“ ist das älteste Bauwerk von Wulfertshausen. In ihm spiegelt sich die Geschichte des Dorfes und das Leben und Denken seiner Bewohner durch die Jahrhunderte.
Der Ortsbereich von Wulfertshausen war schon zur Römerzeit besiedelt; davon zeugen die Bruchstücke römischer Dachziegel- und Tongefäße, die bei der Sanierung der Kirchenfundamente gefunden wurden. Erstmals erwähnt wird der Ort in einer Urkunde des Klosters St. Ulrich und Afra in Augsburg aus dem 12. Jahrhundert. Vermutlich gab es damals schon eine Kapelle auf dem heutigen Kirchengrundstück; dafür sprechen die Reste eines mittelalterlichen Friedhofes, die unter dem Kirchenboden entdeckt wurden.
Um das Jahr 1460, in einer Zeit des Aufbruchs (Erfindung des Buchdrucks, Entdeckung Amerikas), ließ der Rat der Stadt Friedberg hier die erste Dorfkirche erbauen, die Maria, der Himmelskönigin, geweiht wurde. Von dieser im gotischen Stil erbauten Kirche sind noch die Mauern des Chores und des Turmes erhalten. Auf diese Zeit verweist auch die spätgotische Figur des heiligen Martin, die eher an einen Almosen spendenden Ratsherren, als an einen römischen Soldaten denken lässt.
Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Kirche im Jahr 1632 von den Schweden bis auf Chor und Turm zerstört, aber bereits zehn Jahre später von den Bewohnern mit Unterstützung Friedberger Familien wieder aufgebaut. Davon berichten die Freskenmedaillons an der Stirnwand der Kirche. An das Grundgefühl dieser Zeit erinnert auch die jugendliche Figur des heiligen Sebastian, dem die auf ihn abgeschossenen Pfeile letztlich nichts anhaben können.
Wallfahrtskirche im 17. Jahrhundert
Überörtliche Bedeutung bekam die Kirche, als die von Ingolstadt ausgehende Verehrung des Gnadenbildes „Maria Schnee“ Mitte des 17. Jahrhunderts hier Fuß fasste. Von den Jesuiten in Augsburg gefördert, entwickelte sich bald eine rege Wallfahrtsbewegung, die bis in die zwanziger Jahre unseres Jahrhunderts anhielt. Im Volksmund war das Dorf nur unter dem Namen „Maria Schnee“ bekannt.
Erweiterung im 18. Jahrhundert
Diese Wallfahrtsbewegung schuf vermutlich die geistigen und materiellen Voraussetzungen dafür, dass die Kirche Anfang des 18. Jahrhunderts erweitert und im Barockstil neu ausgestattet werden konnte. Ab 1707 schuf der Augsburger Maler Heinrich Matthäus Mayer das Gnadenbild im Hochaltar und die vier Leinwandgemälde im Kirchenschiff, auf denen die Maria-Schnee-Legende, das heißt die Entstehung der Kirche Maria Maggiore in Rom, dargestellt ist. Aus dieser Zeit stammen auch die Marienfiguren auf den Seitenaltären und das Chorbogenkreuz.
Neugestaltung im 19. Jahrhundert
Am Anfang des 19. Jahrhunderts, in einer Zeit des Umbruchs, (Französische Revolution, 1796 wurde der Ort durch ein französisches Heer geplündert), wurden die Aufbauten der Seitenaltäre nach barocken Vorbildern und unter Verwendung älterer Teile neu gestaltet. Um 1860 fertigte der Münchner Orgelbaumeister Josef Frosch eine neue Orgel, die heute noch vorhanden und wieder bespielbar ist.
Um das Jahr 1890, in der sogenannten Gründerzeit (viele Institutionen und Vereine wurden damals gegründet, z. B. unsere Feuerwehr), erhielt die Kirche noch einmal eine vollständige Neugestaltung, im damals zeit-gemäßen Nazarenerstil. Aus dieser Zeit stammt der heutige Hochaltar, dessen ursprüngliche Farbfassung bei der jüngsten Renovierung wieder freigelegt wurde. Auch die Deckengemälde, auf denen die Verehrung Marias durch Heilige der frühchristlichen Zeit und des Mittelalters dargestellt wird, wurden damals nach den vorhandenen barocken Vorbildern neu gemalt.
Renovierung nach dem 2. Weltkrieg
In den Jahren 1956–58, als die Schatten des 2. Weltkrieges am Verblassen waren, sollte eine neuerliche Renovierung die Kirche heller und freundlicher werden lassen. Das führte jedoch zu erheblichen Eingriffen in die künstlerische Substanz der Kirche, die heute nur begrenzt korrigiert werden können (u. a. gingen die farbigen Glasfenster von 1890 verloren).
Der rapide Bevölkerungszuwachs, der Ende der sechziger Jahre einsetzte, machte den Bau der neuen Pfarrkirche St. Radegundis notwendig, die 1980 eingeweiht wurde. Dass die alte Dorfkirche „Maria Schnee“ aber den Wulfertshausern weiterhin am Herzen lag, zeigte sich, als um das Jahr 1990 Risse an Decke und Seitenwänden auftraten, die auf Bauschäden an den Fundamenten und am Dachstuhl zurückzuführen waren und eine baldige Bausanierung erforderlich machten.
Durch ihre große Spendenbereitschaft bekundeten Alteingesessene und Zugezogene, dass „Maria Schnee“ erhalten bleiben solle – als lebendige Erinnerung an die Lebens- und Glaubensgeschichte des Dorfes und als Ort der Besinnung und Ermutigung für die hektische Gegenwart.
Die Bausubstanz wurde von 1992–1997 saniert, wodurch Kosten in Höhe von rd. 425 000 Euro entstanden sind. Die Kirche erstrahlt außen und innen in neuen Farben. Zusätzlich wurde inzwischen auch die historische Orgel gründlich überholt, so dass sie wieder bespielt werden kann, der Bilderzyklus der Maria-Schnee-Legende restauriert und eine Bankheizung eingebaut. Jahrelange Anstrengungen und großzügige Spenden von Vielen haben dies ermöglicht Wir dürfen froh und dankbar für das Erreichte sein.
Trotz dem bleibt noch vieles zu tun. Eine Reihe von Restaurierungsarbeiten wurde aus Kostengründen auf die Zeit nach der Wiedereröffnung der Kirche verschoben. So sollen die bisher nur gereinigten Seitenaltäre ihre ursprüngliche Farbfassung wieder erhalten, ebenfalls die Kerzenhalter. Für die gottesdienstliche Nutzung der Kirche sind noch verschiedene Einrichtungen im Altarraum und in der Sakristei notwendig. Leider zeigen sich am Turm bereits wieder Schäden, die baldmöglichst behoben werden müssen. Das bedarf noch einmal erheblicher finanzieller Anstrengungen, die über die Möglichkeiten einer Pfarrei hinausgehen.
Wenn Sie mit einer konkreten Spende zur Restaurierung der Kirche beitragen wollen, dann überweisen Sie diese bitte an:
Kath. Kirchenstiftung Wulfertshausen, Kto.-Nr. 5808774 (BLZ 72090000)
bei der Augusta Bank Augsburg (Kennwort: Renovierung Maria Schnee).
Vielen Dank und vergelt’s Gott dafür!